Mein geheimer Vorteil bei schwülen Wetter

In Wagrain war es heute, am längsten Tag des Jahres, sehr heiß und im Tal konnte man Temperaturen um die 30° C ablesen. Für viele unangenehm war die hohe Luftfeuchte. Nun, für mich nicht!


Wegen der Schwüle brauche ich mich aber nicht beklagen – ich spüre sie nicht!
Normalerweise verdunstet Schweiß auf der Haut und entzieht dem Körper Wärme. Bei Schwüle ist die Luft bereits mit Feuchtigkeit gesättigt, wobei die Verdunstung des Schweißes erschwert wird. Dadurch kann es leichter zu einer Überhitzung kommen.

Nun, mein Vorteil: Ich kannn sowieso nicht schwitzen. Normalerweise sendet der Körper die Temperaturwahrnehmung an das Gehirn, genauer an das Temperaturregulationszentrum, und dieses setzt bei Hitze die Schweißdrüsen in Gang. Wenn nun die Nervenbahnen bei einer hohen Querschnittslähmung gestört sind, ist das ein Problem, und bei mir führt das zu einem fehlenden Schwitzen.

Trotz des fehlenden Schwitzens und der stark beeinträchtigten Fähigkeit, Temperaturen zu spüren, kann ich eine drohende Überhitzung zunehmend gut interpretieren. Ein gewisses Unwohlsein, das sich bis hin zu Sehstörungen äußern kann, signalisiert mir, mich in den Schatten zu rollen. In solchen Situationen ist es äußerst hilfreich, eine Pflegeperson zu haben, die mir hilft eine Kühlweste anzulegen und so meine Körpertemperatur zu senken.

Dieser kleine Vorteil macht das Leben nicht wirklich einfacher, aber ich benötige bei heißem Wetter weniger Wäsche, weil sie nicht durchschwitzt ist. Und es macht keinen Unterschied, ob ich der schwülen Hitze, wie in einem Regenwald, oder der trockenen Hitze, wie in einer Wüste, ausgesetzt bin.

Oberkörper-Wippen

Warum wippe ich rhythmisch mit dem Oberkörper?

Es ist kein Symptom von Vernachlässigung, Vereinsamung oder Isolationshaft. Ich habe auch keinen Tick, den ich zur Entspannung brauche. Zumindest in meinem Kopf bin ich das, was man als normal bezeichnet.

Es ist ein Symptom der Unterstützung der Atmung, die nicht ausreichend funktioniert. In Ruhe benötige ich Muskeln, die ein „normaler“ Mensch nur bei körperlicher Anstrengung benutzt – die sogenannte Hilfsmuskulatur der Zwischenrippenmuskulatur.

Trotzdem reicht das oft nicht aus, und ich muss meine Atmung durch Wippen des Oberkörpers verstärken. Dabei werden Muskeln im Körper aktiviert, wie die im Nacken, den Schultern und dem Oberkörper, um die Atemarbeit zu unterstützen. Wenn ich es übertreibe, treten interessanterweise nur auf der linken Seite Schmerzen auf, die bis in den Kopf ausstrahlen und mehrere Tage anhalten können.

Wenn ich flach im Bett liege, fällt mir das Atmen am leichtesten. Dabei kann ich auch kurz einnicken. Für das Schlafen reicht dies jedoch nicht aus. Deshalb benötige ich ein Beatmungsgerät. Das Beatmungsgerät verstärkt meine eingeschränkte Eigenatmung und wenn der Atemantrieb komplett versagt, pumpt die Maschine über die Gesichtsmaske im voreingestellten Rhythmus Luft in die Lungen.

Dies ist für jemanden mit einer inkompletten Querschnittslähmung im Halsbereich (C2), wie mich, ein günstiger Zustand. Viele Menschen mit dieser Verletzung benötigen rund um die Uhr eine invasive Beatmung (durch einen künstlichen Luftröhren-Zugang) oder nicht-invasive Beatmung (über eine Maske) oder einen Phrenicus-Nerven-Schrittmacher. (Stimulation durch elektrische Impulse)
Für mich ist der Schrittmacher in der Regel nur mehr eine Backup-Maßnahme und die Übertragungsspulen werden nur im Notfall durch die Fachpflege angelegt und dann aktiviert.