Von 3 Tagen verbringe ich zur Zeit 2 im Bett

Ich bin nicht niedergeschlagen, und auch an Motivation fehlt es mir nicht. Ich habe jede Menge Ideen, und langweilig war es mir noch nie im Dasein als Behinderter. Daher kann ich eine Depression ausschließen. Und trotzdem liege ich zuviel im Bett:

Manchmal wache ich erst am späten Vormittag auf und werde wie üblich nur langsam munter. Wenn es dann regnet oder aus anderen Gründen, die mir so einfallen, mache ich es mir gemütlich im Bett und schaue interessante Videos auf dem großen Fernsehbildschirm. Ich kann das sehr genießen und habe dabei überhaupt kein schlechtes Gewissen.

Manchmal liege ich tagsüber sehr müde im Bett und verspüre erst am späten Nachmittag oder abends eine Verbesserung und der Drang stellt sich ein, „aufzustehen“ um den Tag noch etwas zu nutzen. Dann rechne ich noch grosszügig zwei Stunden für das verkürzte „Morgenprozedere“ hinzu, um abschätzen zu können, ob sich das Ganze noch lohnt. Es lohnt sich meistens.

Viel zu oft aber verbringe ich den ganzen Tag im Bett und fühle mich einfach nur extrem müde. Es ist mir egal, ob der Fernseher läuft oder nicht. Wenn er läuft, nehme ich vielleicht den Ton wahr, und es spielt keine Rolle, welches Programm gerade läuft.

Nun als mögliche Ursache kann ich mir aussuchen: Fatigue infolge der Querschnittslähmung oder Fatigue infolge Covid (Seitdem war ich nicht mehr so richtig fit) oder vielleicht eine Kombination oder etwas ganz anderes.

Voriges Frühjahr hatte ich einen milden Verlauf von COVID-19. Kurz danach traten Beschwerden am Oberschenkel auf, die als tiefe Venenthrombose diagnostiziert wurden. Mir wurden Kompressionsstrümpfe und Blutverdünnungstabletten verschrieben. Anfangs hatte ich die Hoffnung, dass sich die Thrombose innerhalb von sechs Monaten verbessern würde. Seit zwei Monaten weiß ich nun, dass mich Kompressionsstrümpfe und Tabletten das restliches Leben begleiten werden.

Fatigue ist nicht ein Zeichen mangelnder Tatkraft oder Motivation, sondern es liegen physische und/oder psychische Faktoren zugrunde von denen ich beides anbieten kann.

Ich hoffe ich kann diese Phase bald bewältigen. Mein Traum, morgens die Augen zu öffnen und voller Ungeduld die Pflegeperson zu drängen um mir schnellstmöglich aufzuhelfen, wird sich wohl nie erfüllen. Ich konnte mich noch nie für den frühen Vogel, der den Wurm fängt, erwärmen, sondern bin eher der Meinung, dass früh aufstehen, der erste Schritt in die falsche Richtung ist.