Start in 5. Jahr


Gestern vor 4 Jahren ereignete sich der folgenschwere Unfall.


Schon Wochen vor diesem Jahrestag erwischte mich eine Art Melancholie.
Noch immer nicht gehen zu können, noch immer nicht normal atmen können, noch immer nicht unabhängig von fremder Hilfe zu sein, beschäftigten meine Gedanken.


Interessant auch, dass ich plötzlich und erstmalig das lang verdrängte und verschüttete Gefühl hervorrufen konnte, als ich hilflos auf der Piste lag.
Deutlich kann ich mich nun wieder an den körnigen Schnee, den ich auf einer Gesichtshälfte verspürte, erinnern, als ich vornüber bäuchlings am Boden lag. Immer wieder versuchte ich mich damals aus der misslichen Lage zu befreien und aufzustehen, jedoch meine Glieder reagierten nicht.
Als mich meine Frau fand, sagte ich zu ihr: „Ich brauche keine Rettung.“, in der Meinung, ich könnte mich gleich wieder erheben – ich erkannte nicht, was mit mir los war.
Sie jedoch interpretierte meinen Satz als.“Ich brauche keine Rettung mehr!“, im Sinne, es sei sowieso schon alles zu spät. Die nächsten Wörter konnte sie nicht mehr verstehen, meine Stimme war leiser geworden und versiegte dann ganz.

Stuhlgang


Sehr belastend für mich ist die Stuhlentleerung. Er fand meist alle 4-7 Tage, mit vielen Hilfsmitteln im Liegen statt. Danach war ich oft bis zu zwei Tage schlapp.
Seit Kurzem jedoch gelingt mir, dies in der natürlicheren Haltung, im Sitzen auf einem Leibstuhl. Ich brauche nun weniger Hilfsmittel und brauche keine Erholungszeiten mehr.


Dies ist eine großartige Qualitätsverbesserung für mich.

Blutdruck


Ein Problem ist der meist sehr niedrige Blutdruck.
Nun habe ich um ein Blutbild gebeten, und es stellte sich heraus, dass die Salze Natrium und Kalzium zu wenig sind.
Ich versuche nun, dies durch ein tägliches Glas eines isotonischen Getränkes auszugleichen, und habe den Eindruck, dass dies hilft.

Rückenmuskulatur


Seit ich mit Hilfe des Zugapparates den Latisimus-Muskel trainieren kann, haben sich meine Spannungsschmerzen in der linken Hals- und Kopfpartie erheblich reduziert.


Zusätzlich hat sich der Bewegungsradius nach links und rechts erweitert.


Nur das Husten, für das er auch mitverantwortlich ist, will noch nicht recht klappen.

Rückblick: Ein Jahr ohne Sommer


2013 war für mich geprägt durch die vielen Infektionen seit Anfang Juli. Erst Mitte Dezember hatte ich das Gefühl, dass die Serie unterbrochen sei.
So konnte ich keine handvoll Ausflüge ins Freie unternehmen – entweder das Wetter passte nicht oder ein Infekt stand im Wege.
Trotzdem war es unterm Strich ein erfolgreiches Jahr!


Was hat sich 2013 getan?


Sensibilität:
In den Handinnenflächen, den Fingern und am Rücken kann ich nun heißes von kalten Wasser unterscheiden.


Spastik:
Die Spastik hat sich gegenüber 2012 nochmals erheblich reduziert, sodass ich ohne Tabletten auskomme.


Wetterfühligkeit:
Die negativen Auswirkungen sind nur mehr schwach vorhanden.

Beweglichkeit:
Mittlerweile kann ich im Sitzen die Beine bis zu 10x anheben.
Im Wasser konnte ich auch schon einmal 3-4 Schritte alleine gehen.


Atmung:
Die Zwischenrippenmuskulatur, die Atemhilfsmuskulatur und das Zwerchfell kann ich aktiv steuern und daher mehrere Stunden selbständig atmen.

Eine sehr beeindruckende Frau, …


… deren Energie und Lebensmut ich sehr bewundere.


Sie ist nun schon seit 20 Jahren halsabwärts gelähmt und ebenfalls beatmet.
Leider macht sie keine so großen Fortschritte wie ich. Vor einem Jahr durfte ich Maria-
Christina Hallawachs in München kennen lernen.
Jetzt spielt sie sogar in einem Theaterstückr und trat dieses Jahr in Stuttgart und in Berlin auf. Nächstes Jahr kommt sie möglicherweise sogar nach Wien.

Super-Beratungsgespräch


Am Donnerstag war ich in der Neuro-Urologie in Innsbruck zu einer urodynamischen Nachuntersuchung mit dem Ergebnis, daß ich mit dem Problem der Restharnproblematik auf dem richtigen Wege bin.
Beim letzten Mal wurden die Möglichkeiten zur Verminderung des Restharns erörtert, da ich Fremd-Katheterisierung durch das Pflegepersonal ausschloss. Eine Selbst-Katheterisierung ist für mich noch nicht möglich.
So gäbe es:

  • die Harnröhrenschlitzung, die ich ablehne, weil sie nicht reversibel ist,
  • eine Botox-Injektion der Blase alle 3 Monate unter der sehr belastenden Vollnarkose,
  • einen Blasenschrittmacher, den ich aber, wegen der wiedergekehrten Sensibilität und der 40-Volt-Auslöse-Spannung schmerzhaft spüren würde.

Beide letztgenannten Methoden sind für eine beatmeten Patienten, wie ich einer bin, ausserdem kontraindiziert.


Bei der Untersuchung stellte sich nun heraus, dass ich durch ein 5-Minütiges triggern der Blase, der verbleibende Restharn akzeptable ist, und so die Harnwegsinfekte abnehmen würden.


Insgesamt nahm sich der behandelnde Arzt, Dr. Kiss diesmals 1,5 Stunden für meine Fragen und zuletzt 3 Stunden Zeit.


Nun fühle ich mich bezüglich Urologie sehr gut aufgehoben.

Antidepressivum abgesetzt


Nach den negativen Erfahrungen mit Nebenwirkungen von Tabletten habe ich nun auch das Ixel abgesetzt bzw. über 14 Tage ausgeschlichen.
Steht doch im Beipackzettel, dass bei Harnentleerungsstöungen in der Vorgeschichte Vorsicht geboten sei. Ausserdem bin ich nicht sicher, ob die Tabletten überhaupt gewirkt haben.
Verschwunden ist nach dem Absetzen eindeutig der erhöhte Puls, der um 20 Schläge höher war als früher.

Erlösung


„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben …“
Ich sah mich schon solche Gedichte lernen, um mein Gedächtnis zu trainieren.


Anlass waren Probleme mit der Rechtschreibung. Wörter fielen mir nicht mehr ein und hatte ich sie, war ich mir nicht mehr sicher, ob sie die Richtigen waren.
Zeitweise war ich richtig verwirrt und hatte auch Schwierigkeiten mit der Bedienung meines E-Rollis.


Letztendlich stellte sich heraus, dass dies eine Nebenwirkung des Medikamentes Oxybutinin war.
Weitere Nebenwirkungen waren die zeitweise starke Mundtrockenheit, die das Einspeicheln der Nahrung verhinderte, sowie Müdigkeit und starke Scfimerzen vor dem Harnlassen, die mich nachts alle 60-90 Minuten aufwachen ließen, aber auch die Augen taten manchmal weh.


Skurril, dass das Medikament, welches mir zur Verminderung der ständig auftretenden Harnwegsinfekte verschrieben wurde, genau das Gegenteil bewirkt hatte, weil es die Restharnmenge erhöhte. Dies erfuhr ich bei den langersehnten Termin bei einem Neuro- Urologen in Innsbruck.


Am meisten profitiert habe ich jedoch von der Diagnose, dass die Nieren in Ordnung sind und auch der Blase nichts fehlt. Die begründete Angst, durch den Harnrückstau Schaden zu nehmen, war zuletzt sehr stark.


Wegen der Harnwegsinfekte suchte ich bereits im Juli einen Urologen in meiner Umgebung auf. Dieser hat einen guten Ruf, doch leider konnte er sich nicht die nötige Zeit für ein ausführliches Beratungsgespräch nehmen bzw war auch zu wenig spezialisiert, mich als Querschnittpatienten entsprechend zu beraten. Übrig blieb aber der Satz, dass ich mit den Infekten in der Blase leben müßte, was ich wegen der Symptome nicht akzeptieren will. Im August/September wurde mir dann das genannte Medikament verschrieben.


Zunehmend fühlte ich mich isoliert und von den behandelten Ärzten nicht mehr ernst genommen, traute mich schon gar nicht mehr, über meine Schmerzen zu klagen.


Doch suchte mein Hausarzt bei der Gebietskrankenkasse um eine Untersuchung in Murnau/Bayern an, die mich bereits sehr gut kennen. Dies wurde allerdings abgelehnt mit dem Hinweis, daß es in Österreich gute Neuro-Urologen gäbe.


Ich war schon ziemlich resigniert und meine Frau machte sich auf die Suche und wurde in Innsbruck fündig. Trotz der Schmerzen musste ich noch 4 Wochen auf einen Termin warten, deren Tage ich täglich zählte.


Rechtzeitig vor der Untersuchung nahme ich noch ein Antibiotikum, denn mit einen Infekt könnte keine urodynamische Untersuchung durchgeführt werden Nach einem sehr guten Beratungsgespräch in Innsbruck setzte ich auf der Stelle die Tabletten ab, auf dass empfohlene Ausschleichen verzichtete ich.

Die erste Nacht verbrachte ich total euphorisch, ohne ein Auge zugetan zu haben.


Bereit die zweite Nacht verbrachte ich wesentlich angenehmer und ich war selig – die Erlösung! Die unangenehmen Symptome verschwanden!